
Bangkok, 08.04.2022
Lieber P.
Deine Postkarte, welche Du anfangs dieses Jahres versandt hast, lag im Büchergestell; noch nicht angestaubt, doch auf eine passende Gelegenheit wartend, ebenfalls mit «Schneckenpost» quittiert zu werden. Ich will nachschauen, ob ich die Adresse von dem 400-jährigen Haus in Tübingen herausfinden kann, und Dich mit vorliegendem Brief überraschen kann.
Wir haben gerade Osterferien und da macht man wohl auch an der Universität eine längere Pause, gell. Vor ein paar Tagen sahen wir Thilo in der «Delizia»-Pizzeria hier in Bangkok.
Jetzt kommt vom Wetter her gesehen die schönere Hälfte des Jahres. Vielleicht hast Du schon ein Fahrrad angeschafft, damit Du etwas mobiler bist, Dich etwas schneller bewegen kannst als zu Fuss und mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch Handschuhe, Mütze und Winterschuhe kannst Du in eine Schachtel versorgen, brauchst Du frühestens wieder im November.
Wie läuft es Dir beim Studium? Hast Du Freunde, Anschluss an die dortige «Community», in einen Freundeskreis gefunden? Ja, vielleicht hast Du Dich verliebt? Jetzt, im Frühling wäre vielleicht Gelegenheit, mit einem Strauss Osterglocken oder Tulpen jemandem eine Herzensfreude zu bereiten.
Unser Chihuahua, Judee, ist letzte Woche nach fünftägiger Lebensmittelvergiftung (wahrscheinlich ein Fisch), Krankheit, nicht mehr genesen und im Alter von fast elf Jahren gestorben.
Du hast wohl auch Semesterferien. Geniesse diese Zeit und nutze sie kreativ!
Herzliche Grüsse aus Fernost
Fabian
Bangkok, 14.04.2022
Lieber P.
Zwischenzeitlich war Songkran. Nur einmal wurde ich von Jugendlichen knapp mit etwas Wasser beworfen. Mit unserem Scooter fuhr ich dicht hinter dem amerikanischen Lehrer, welcher ein Adventure Bike des Typs BMW 1200 GS fährt, nach. Am Strassenrand war dieser grosse Töff natürlich ein «gefundenes Fressen» – ich blieb vom «grossen Splash» deshalb verschont.
Alle in unserer Familie haben jetzt ein Fitnessabonnement im Perfect Place. Über Bewegungsmangel müssen wir uns also nicht mehr beschweren.
Über Ostern mussten die 11.Klässler das Buch «The Beach» von Alex Garland lesen. «English!» Diesen Roman empfehle ich Dir unbedingt auch auf Deutsch zu lesen, und zwar einfach deshalb, weil der Verstand das Sprachgefüge zwischen diesen beiden Sprachen auf wunderbare Weise verfeinert und perfektioniert. Und falls Du nur wenig Freizeit hast, um dicke Bücher zu lesen, ist das nicht tragisch, weil es auf YouTube «The Beach – Der Strand, Hörbuch» von einem Sprecher (Blacktivity) sehr deutlich und spannend vorgelesen wird.
Du wirst früher oder später den lokal gesprochenen Dialekt nicht nur laufend besser verstehen – sondern ihn auch anwenden. Deine Mama teilte mir Deine neue Adresse mit – wohnst Du jetzt in einer Wohngemeinschaft mit Kommilitonen Deines Jahrgangs?
Ach ja, ich habe mir gerade überlegt, einen Briefumschlag zu beschriften, bei Gelegenheit etwas Interessantes zu erfahren über Dein Studienleben als «Freshy», eine Anekdote, was Dich beschäftigt, das wäre «megacool»!
Freundliche Grüsse aus Fernost
Fabian