Revision des Bundesgerichtsentscheids 8C_329/2009 vom 04.11.2009, Pilatus XVII

Pilatus 2’128 m.ü.M.

Luzern, 8. März 2022

Zustellung Vernehmlassung mit Gelegenheit zur freigestellten Replik Mitteilung betreffend Zustellungen

Fallnummer 5V 21 350

Sehr geehrter Herr Bucher

  1. Zustellung Vernehmlassung; Gelegenheit zur freigestellten Replik

Als Beilage erhalten Sie die Vernehmlassung der Suva, Abteilung Militärversicherung, vom 21. Februar 2022 zu Ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Es steht Ihnen frei, dazu eine Stellungnahme (Replik) bis 4. April 2022 einzureichen. Diese hat sich möglichst an den Aufbau der Vernehmlassung zu halten. Allfällige Belege sind mit der Replik einzureichen.

Im Weiteren können Sie resp. Ihr bevollmächtigter Vertreter auf unserer Gerichtskanzlei Einsicht in die Prozessakten nehmen. Für die Vereinbarung eines Termins wenden Sie sich bitte an unsere Kanzlei, die Sie unter der untenstehenden Telefonnummer erreichen.

Nach unbenütztem Ablauf der Frist gehen wir davon aus, dass Sie auf eine Stellungnahme verzichten.

  • Zustelladresse; elektronische Zustellungen

Zu Ihren Vorbringen betreffend Zustellung:

Die Parteien haben grundsätzlich die Möglichkeit, elektronische Eingaben an das Kantonsgericht zu richten. Einfache E-Mails sind dabei nicht zulässig. Vorzugehen ist vielmehr gemäss den Anweisungen auf der rechten Spalte der Seite:

https://gerichte.lu.ch/organisation/kantonsgericht/kontakt

Etwas Anderes teilten wir Ihnen auch nicht mit. Es steht Ihnen frei, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen.

Anders verhält es sich mit Zustellungen des Gerichts an die Parteien. Zwar sieht § 28 Abs. 4 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRG; SRL Nr. 40) vor, dass die Parteien eine elektronische Zustelladresse angeben und ihr Einverständnis erklären können, dass Zustellungen auf elektronischem Weg erfolgen. Gerade die Rechtsschriften der Gegenpartei und gegebenenfalls die von dieser aufgelegten Akten könnten einer Partei aber auf diesem Weg nicht zugestellt werden, zumal ihre Einreichung in der Regel – und auch im vorliegenden Fall – physisch, nicht elektronisch erfolgt. Daher war und bleibt die von Ihnen angegebene Zustelladresse in der Schweiz nötig. Dabei hat das Kantonsgericht im vorliegenden Fall, um das Vorgehen für Sie zu vereinfachen, eine schweizerische Zustelladresse akzeptiert, auch wenn diese ausserhalb des Kantons Luzern liegt. Gerichtliche Zustellungen erfolgen daher weiterhin an die von Ihnen angegebene Zustelladresse.

Freundliche Grüsse

lic. iur. Guido Lanz

Kantonsrichter

Telefon: 041/228 63 30

Beilage erwähnt

Kanton Luzern

Kantonsgericht

Kantonsrichter Lanz, Gerichtsschreiberin End

Verfügung vom 7. März 2022

Fabian Bucher, per Zustelladresse: H. H.

Betreffend unentgeltliche Rechtspflege (Verfahren: KG 5V 21 350)

Erwägungen

1.

Fabian Bucher erhob Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Einspracheentscheid der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva), Abteilung Militärversicherung, vom 6. August 2021 betreffend Leistungen der Militärversicherung (KG amtl. Bel. 4), dies unter anderem mit dem Antrag auf Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (KG amtl. Bel. 1).

2.

Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint; soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand (Art. 29 Abs. 3 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [BV; SR 101]). Die unentgeltliche Rechtspflege bezweckt, auch der bedürftigen Partei den Zugang zum Gericht und die Wahrung ihrer Parteirechte zu ermöglichen. Sie soll sicherstellen, dass jede Person unabhängig von ihren finanziellen Verhältnissen nicht aussichtslose Streitsachen zur gerichtlichen Entscheidung bringen und sich überdies im Prozess, sofern es sachlich geboten ist, durch eine Anwältin oder einen Anwalt vertreten lassen kann (BGE 135 I 1 E. 7.1). Für das sozialversicherungsrechtliche Beschwerdeverfahren findet der Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand in Art. 61 lit. f des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) seine gesetzliche Grundlage (vgl. zudem § 204 Abs.1 und 2 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege [VRG; SRL Nr. 40]).

3.

3.1.

Eine Person ist bedürftig, wenn sie nicht in der Lage ist, für die Prozesskosten aufzukommen, ohne dass sie Mittel beanspruchen müsste, die zur Deckung des Grundbedarfs für sie und ihre Familie notwendig sind (BGE 128 I 225 E. 2.5.1, 127 I 202 E. 3b). Massgebend für die prozessuale Bedürftigkeit sind dabei grundsätzlich die Verhältnisse im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung oder – bei seither eingetretenen Veränderungen – auch in demjenigen der Entscheidfindung (BGer-Urteil 8C_777/2012 vom 7.1.2013 E. 3.1). Dazu gehören einerseits sämtliche finanziellen Verpflichtungen, andererseits die Einkommens- und Vermögensverhältnisse (BGE 124 I 1 E. 2a, 120 Ia 179 E. 3a; BGer-Urteil 9C_234/2008 vom 4.8.2008 E. 4.1).

3.2.

Im Rahmen eines Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege obliegt es der gesuchstellenden Partei aufzuzeigen und zu belegen, dass sie sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Es liegt an ihr, die zur Beurteilung notwendigen Unterlagen einzureichen und ihr Gesuch entsprechend zu substanziieren (vgl. BGE 125 IV 161 E. 4a). Dabei sind die geltend gemachten Auslagen zu belegen (LGVE 1998 II Nr. 59 mit Hinweisen).

4.

4.1.

Bei sozialversicherungsrechtlichen Streitigkeiten über Leistungen ist das Verfahren kostenpflichtig, wenn dies im jeweiligen Einzelgesetz vorgesehen ist (Art. 61 lit. fbis ATSG). Eine solche Kostenpflicht ist im Bundesgesetz über die Militärversicherung (MVG; SR 833.1) nicht vorgesehen, sodass das Verfahren für die Parteien kostenlos ist.

4.1.1.

Gestützt darauf teilte das Kantonsgericht dem Gesuchsteller mit Schreiben vom 6. Oktober 2021 mit, es werde sich bezüglich des Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege lediglich mit der unentgeltlichen Verbeiständung befassen. Der Gesuchsteller sei gehalten, selber einen Rechtsanwalt in der Schweiz zu kontaktieren. Sobald sich dieser Rechtsanwalt mit einer entsprechenden Vollmacht ausweise, werde das Gericht prüfen, ob die unentgeltliche Verbeiständung zu gewähren sei. Das Gericht setzte dem Gesuchsteller für die Einreichung einer solchen Vollmacht eine Frist bis zum 1. Dezember 2021, unter Hinweis darauf, dass bei Nichteinreichung Verzicht auf die Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung angenommen werde (KG UR amtl. Bel. 2 und 4 Ziff. 2 erster Absatz).

4.1.2.

Trotz Kenntnis darüber, dass es am Gesuchsteller liegt, einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin mit der Interessenwahrung zu betrauen, wurde dem Gericht innert Frist keine entsprechende Vollmacht eingereicht. Mit Blick auf die nachfolgenden Erwägungen kann aber offen bleiben, ob der Gesuchsteller für das Verfahren vor Kantonsgericht auf die Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands verzichtet hat.

5.

5.1.

Die Prüfung der Einkommensverhältnisse ergibt hier, dass der Gesuchsteller über anrechenbare Einkünfte von monatlich total Fr. 3’266.05 verfügt. Dieser Betrag setzt sich aufgrund der ins Recht gelegten Unterlagen wie folgt zusammen: IV-Rente und IV-Kinderrente von Fr. 2’918.— sowie Rente der Militärversicherung von Fr. 348.05 (KG UR amtl. Bel. 5 S. 5; KG gs. Bel. 37).

5.2.

Diesen Einnahmen stehen monatliche anrechenbare Auslagen (sog. Prozessualer Notbedarf) in folgender Höhe gegenüber:

  • Grundbetrag für Ehepaare                                         Fr. 1’275.—
  • Zuschlag (20 % des Grundbetrags)                          Fr.    255.—
  • Mietzins inkl. Nebenkosten                                        Fr.    471.—
  • Ausbildungskosten Kinder                                         Fr.    449.—

Prozessualer Notbedarf                                                 Fr.  2’450.—

5.2.1

Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind allfällige tiefere Lebenshaltungskosten bei der Berechnung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen (vgl. BGer-Urteil 9C_423/2017 vom 10.7.2017 E. 3.3). Dem Gesuchsteller wird ein Grundbetrag für Ehepaare von Fr. 1’275.— angerechnet. Es wird gemäss LGVE 2009 I Nr. 42 vom Grundbetrag eines in der Schweiz lebenden Ehepaares von Fr. 1’700.— ausgegangen. Weil die Lebenshaltungskosten in Thailand erheblich tiefer sind als in der Schweiz, rechtfertigt es sich, diesen Betrag um 25 % zu kürzen. Für weitere Einzelheiten wird der Gesuchsteller auf das ihn betreffende Urteil des Kantonsgerichts Luzern 2K 20 7 vom 6. Juli 2020 verwiesen (vgl. auch das dazu ergangene Urteil des Bundesgerichts 5A_776/2020 vom 6.10.2020). Lediglich der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass das Bundesgericht für einen in Bangkok lebenden Schuldner auch schon eine Reduktion des Grundbetrages von 40 % als angemessen erachtet hat (vgl. BGer-Urteil 5A_904/2019 vom 15.6.2020 E. 2.6.3. mit Hinweisen; im Internet abrufbar). Sämtliche bei der Notbedarfsberechnung zu berücksichtigenden Grundbeträge sind praxisgemäss um 20 % (vorliegend Fr. 255.–) zu erhöhen (LGVE 2003 I Nr. 39). Bereits enthalten sind hier allfällige Prämien für Privatversicherungen (z. B. Mobiliar- und Privathaftpflichtversicherung), weshalb die entsprechenden Prämien nicht zusätzlich angerechnet können (BGer-Urteil 8C_746/2011 vom 13.3.2012 E. 5.2.). Gleiches gilt für die Gebühren für Strom, Radio- und Fernsehempfang sowie für die Kosten von Lebensmitteln (KG gs. Bel. 21). Bei den Wohnkosten ist – obwohl nicht belegt – der monatliche Mietzins (inkl. Nebenkosten) von Fr. 471.— anzurechnen (THB 16’500 dividiert durch 35; vgl. dazu https://www.finanzen.ch/devisen/schweizer_franken-baht-kurs, besucht am 7.3.2022). Sodann erscheinen die im Formular «Unentgeltliche Rechtspflege» deklarierten Ausbildungskosten Kinder von THB 15’700.— (Fr. 449.—) pro Monat nachvollziehbar und werden angerechnet. Für die Abzahlung von Schulden werden keine Beträge in die Notbedarfsberechnung eingesetzt (vgl. dazu Formular «Unentgeltliche Rechtspflege», S. 3, KG UR amtl. Bel. 5). Privatrechtliche Verpflichtungen sowie Steuern und andere öffentlich-rechtliche Verpflichtungen werden nur berücksichtigt, wenn die gesuchstellende Person den Nachweis erbringt, dass diese rechtlich bestehen, nicht ohne grössere Nachteile aufgehoben oder sistiert werden können und dass sie ihnen bisher tatsächlich nachgekommen ist (vgl. Jozic/Boesch, Die unentgeltliche Rechtspflege im Zivilprozess, Praxis des Obergerichts des Kantons Luzern, 4. Aufl. 2012, S. 28, mit Hinweisen). Vorliegend wird die Regelmässigkeit der Zahlungen vom Gesuchsteller nicht substanziiert nachgewiesen. Inwiefern dem Gesuchsteller weitere monatliche Auslagen entstehen sollen, die bei der Notbedarfsberechnung zu berücksichtigen wären, hat er ebenfalls nicht dargelegt. Es hätte am Gesuchsteller gelegen, sämtliche Auslagen substanziiert geltend zu machen und mit Urkunden zu belegen (vgl. Schreiben des Kantonsgerichts vom 6.10.2021, KG UR amtl. Bel. 2 und 4 Ziff. 2 zweiter Absatz; E. 3.2. hievor). Der Gesuchsteller begnügte sich jedoch im Wesentlichen mit der Eingabe diverser Belege. Mangels rechtsgenüglicher Nachweise sind dem Gesuchsteller allfällige weitere Auslagen somit nicht anzurechnen.

5.3.

Aus der Gegenüberstellung des Einkommens von Fr. 3’266.05 und des prozessualen Notbedarfs von Fr. 2’450.— resultiert ein monatlicher Einnahmeüberschuss von Fr. 816.05, der dem Gesuchsteller für die Prozessführung zur Verfügung steht. Dies reicht aus, um (allfällige) anfallenden Anwaltskosten innert absehbarer Zeit begleichen zu können.

Verfahrenskosten fallen infolge Kostenlosigkeit keine an (vgl. E. 4.1 hievor). Damit fällt die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im Sinn der Befreiung von Gerichtskosten ausser Betracht. Soweit mit dem Antrag auf unentgeltliche Rechtspflege im Formular «Unentgeltliche Rechtspflege» vom 20. November 2021 (KG UR amtl. Bel. 5 S. 2) erneut (vgl. Schreiben des Kantonsgerichts vom 6.10.2021, KG UR amtl. Bel. 2; E. 4.1.1 hievor) die Befreiung von den amtlichen Verfahrenskosten beantragt wird, ist auf das Gesuch diesbezüglich nicht einzutreten.

6.

Insgesamt fehlt es nach dem Gesagten an der Bedürftigkeit des Gesuchstellers, weshalb sein Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung abzuweisen ist, ohne dass das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen (fehlende Aussichtslosigkeit, notwendige Verbeiständung) geprüft werden müsste.

7.

Diese Verfügung ergeht in Anwendung von § 21 Abs. 4 lit. a in Verbindung mit §§ 21 Abs. 5, 22 Abs. 1 der Geschäftsordnung für das Kantonsgericht des Kantons Luzern (GOKG; SRL Nr. 263) durch die Verfahrensleitung.

Demnach verfügt das Kantonsgericht:

  1. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
  • Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen nach den Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes beim Bundesgericht, Schweizerhofquai 6, 6004 Luzern, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben werden. Die Beschwerdeschrift ist im Doppel einzureichen. Sie muss einen
  • Antrag und dessen Begründung enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweisurkunden sind beizulegen.
  • Diese Verfügung wird zugestellt an:
  • Gesuchsteller
  • Eine Kopie (im Dispositiv) geht in die Verfahrensakten 5V 21 350 der 3. Abteilung des Kantonsgerichts

Kantonsgericht

  • Abteilung

Lanz                                                              End

Kantonsrichter                                            Gerichtsschreiberin

Versand: -8. MRZ. 2022 (Stempel)

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